
Porträt Peter Altenberg – von Gustav Jagerspacher, 1909.
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Peter Altenberg – Übers Schreiben
Wie schreibe ich denn?!
Ganz frei, ganz ohne Bedenken. Nie weiß ich mein Thema vorher, nie denke ich nach. Ich nehme Papier und schreibe. Sogar den Titel schreibe ich so hin und hoffe, es wird sich schon etwas machen, was mit dem Titel in Zusammenhang steht. Man muß sich auf sich verlassen, sich nicht Gewalt antun, sich entsetzlich frei ausleben lassen, hinfliegen -. Was dabei herauskommt, ist sicher das, was tief in mir war. Kommt nichts heraus, so war eben nichts wirklich und tief darin und das macht dann auch nichts.
Zitiert aus: Peter Altenberg: Im Nachtcafé, Wien, metroverlag, 2008, S. 123, ursprünglich aus einem Brief Altenbergs an Arthur Schnitzler:
Peter Altenberg: Brief an Arthur Schnitzler (1894). In: Gotthart Wunberg (Hrsg.): Die Wiener Moderne. Literatur, Kunst und Musik zwischen 1890 und 1910. Reclam, Stuttgart 2000)
Steckbrief Peter Altenberg
Geboren als Richard Engländer am 9.3.1859 in Wien
Gestorben am 8.1.1919 ebenda
Dazwischen kürzere und längere Aufenthalte
– an zwei Universitäten (Wien und Graz, Medizin und Jura, beides abgebrochen)
– in einer Stuttgarter Buchhandlung (Hofbuchhandlung Julis Weise, Buchhändlerlehre, abgebrochen)
– in diversen Wiener Cafés (Café Griensteidl, Café Central etc., LesenLebenSchreibenLiebenTrinkenRedenSchauen)
– in verschiedenen Wiener Irrenanstalten (Alkoholentzug etc.).
Ausgeübter Beruf: Bohemien
Aktueller Wohnsitz: Wiener Zentralfriedhof
Erste notwendige Abschweifung – Warum dieser Text?
Weil ich heute Morgen auf dem Blog Über das Schreiben von Geschichten von Jutta Reichelt einen sehr interessanten kurzen Text mit dem Titel Meine Geschichte(n) schreibe ich selbst! gefunden habe, der mich stante pede an diesen Text von Peter Altenberg erinnert hat. Den wiederum hatte ich just heute Nacht aus schlechtschlaftechnischen Gründen gelesen – genauer gesagt habe ich das ganze Büchlein (s.0.) aus diesen Gründe gelesen.
Zwar sind die Ansätze von Jutta Reichelt und Peter Altenberg im Grunde nicht vergleichbar, denn bei Altenbergs Schreiben handelt es sich um ausschliesslich kurze bis sehr kurze Miniaturen aus seinem Wiener Café- und Bohemien-Alltag zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, bei Jutta Reichert handelt sich umerfundene und eigene (Lebens-)Geschichten und Romane, aber es gibt in Ihrem Text einen kurzen Satz, der auf beider Schreiben zutrifft. Dieser Satz lautet: „Ich lasse mir nicht (mehr) reinreden!“ – und ist sozusagen das Missing Link zwischen beiden Texten.
Zweite notwendige Abschweifung – Wieso überhaupt Peter Altenberg?
An Peter Altenberg, dessen Miniaturen ich während meines Germanistikstudiums und im Rahmen meiner gewackelten Karl Kraus-Lektüre kennen und lieben gelernt und dann irgendwann irgendwie ‚vergessen‘ habe, wurde ich Anfang des Monats durch den Blog Sätze & Schätze erinnert. Birgit nämlich, die Betreiberin des Blogs, hatte dort die schöne Miniatur Im Hofgarten gepostet, versehen mit ein paar wunderbar luftigen Fotos zur Illustration der Geschichte. Für mich der Anlass, sofort n die Regale zu gehen um nach meinen alten Altenberg-Ausgaben zu suchen. das führte zu der schmerzenden Erkenntnis, dass ich die Bändchen wohl bei dem einen oder anderen Umzug verloren haben muss. Sehr sehr ärgerlich das! Jedenfalls habe ich mir gleich den o.g. Band ‚Nachtcafé‘ bestellen müssen und dann wisst Ihr ja, wie es weiterging.
Dritte, nicht unbedingt notwendige Abschweifung – So schreibe ich
Mein Schreiben, dies hier auf dem Blog aber auch das für mich selbst, entsteht fast immer aus solchen Assoziationen, die mir kommen, wenn ich einen für mich interessierenden Input habe, wenn ich etwas interessantes ich lese oder eben auch, wenn ich mit meiner besseren Hälfte oder mit Freunden rede – aber auch, wenn ich mich kommentierender Weise mit anderen Bloggern austausche. Ich nenne es die ‚Vom-Hölzchen-auf-Stöckchen-Methode‘. Die ist nicht wirklich systematisch – und so gesehen schliesst sich hier der Kreis, denn da fühle ich mich der Methode Altenberg doch ein wenig nahe. Auch wenn der auf diese Art viel schönere, poetischere, literarischere Texte erschaffen hat. Weshalb ich ihn bewundere.
LINKS
Peter Altenberg, Biografie – AustriaForum – Biografie Peter Altenberg
Peter Altenberg, kleine Biografie in eigenen Texten – Kunst und Kultur in Wien
Leben und Werk von Peter Altenberg – Projekt Gutenberg – Peter Altenberg
Todesanzeige Peter Altenberg in der Wiener Allgemeinen Zeitung vom 8. Januar 1919 – Österreichische Nationalbibliothek, Zeitungsarchiv
Karl Kraus‘ Gedicht ‚Peter Altenberg‘ – Projekt Gutenberg – Karl Kraus: Peter Altenberg
Café Griensteidl, Wien – Homepage
Café Central, Wien – Homepage
Wiener Zentralfriedhof – Homepage
Metroverlag, Wien – Homepage